STALAG VI A
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STALAG VI a
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8. März 2000

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    Dr.H. Fritsch


7. Die Belegung des Lagers nach Nationalitäten und Zeiten

Tabelle

Monatlich wurden von den deutschen Kriegsgefangenenlagern Meldelisten an das Internationale Rote Kreuz in Genf geschickt. Die Listen von Oktober 1940 bis Januar 1945 sind mit geringen Lücken erhalten.

Polen

Nachdem Deutschland Polen am 1. September 1939 überfallen hatte, führten schnelle Siege dazu, daß 300.000 Polen zu deutschen Kriegsgefangenen wurden. Von den 1939 im Lager befindlichen Polen wurde ungefähr die Hälfte bis Mai 1940 entlassen oder zivilgeschrieben. Da es Strategie des OKW war, Polen und Russen möglichst nicht im selben Lager gefangenzuhalten, wurden viele Polen verlegt, als das Lager fast zu einem „Russenlager" wurde.

Franzosen

Im Mai 1940 begann der deutsche Einmarsch in Frankreich. Im Laufe des Jahres gerieten über 1 Million Franzosen in deutsche Kriegsgefangenschaft, so daß sie bis Dezember 1942 die größte Nationalitätengruppe bildeten. Die Zahl ging jedoch dann stark zurück, als die Vichy-Regierung ein Abkommen mit Deutschland schloß, das den Austausch von drei Zivilarbeitern gegen einen Kriegsgefangenen vorsah. Ein anderer Teil der Franzosen wurde abgezogen, da das Stalag VI A für den Einsatz im Kohlebergbau bestimmt wurde. Bei den verbliebenen 4.000 bis 5.000 handelte es sich hauptsächlich um qualifizierte Fachkräfte, die durchgehend bei denselben Firmen beschäftigt waren.

Belgier

Die ab Anfang 1943 zum Stalag gehörenden Belgier waren in der Regel Fachkräfte, die die Franzosen als Arbeitskräfte ersetzen sollten.

Sowjets

Ohne Kriegserklärung griff Hitler am 22. Juni 1941 die Sowjetunion an. Insgesamt nahm die Wehrmacht im Weltkrieg etwa 5,7 Millionen Sowjetbürger gefangen, von denen etwa 3,3 Millionen umkamen. Politkommissare, viele Offiziere und Juden wurden schon sofort nach der Gefangennahme ausgesondert oder erschossen; Verwundete und Erschöpfte überlebten zu Hunderttausenden den Marsch oder Transport in die Gefangenenlager nicht. Von den etwa 3,35 Millionen bis Februar 1942 an der Front gefangenen Sowjets waren bis September 1941 1,4 Millionen, bis Februar 1942 rund 2 Millionen gestorben: erschossen, erfroren, verhungert oder an den Folgen von Verwundungen, Krankheiten und Seuchen verschieden. Die hohe Todesrate lag anfangs durchaus in der Absicht der politischen Führung, die in dem Krieg einen Vernichtungsfeldzug sah.
Zu Anfang des Rußlandfeldzuges hatte man an die Einrichtung reiner "Russenlager" für sowjetische Gefangene gedacht. Schon ab Juni 1941 existierten fünf solcher Lager mit insgesamt 14.000 Gefangenen.
Die ersten sowjetischen Kriegsgefangenen im Stalag VI A wurden möglicherweise im September, sicher im Oktober 1941 geführt. Von Dezember 1941 bis Juni 1942 waren fast unverändert etwa 2.500 Gefangene dort, Mitte des Jahres vervierfachte sich ihre Zahl, zum Jahresende stieg sie auf über 47.000. Diese Entwicklung ist die Folge des Drängens der „Reichsvereinigung Kohle", die bewirkte, daß das Stalag VI A ab 4. November 1942 zum „Sondermannschaftslager für den Bergbau" deklariert und "ausschließlich zur Aufnahme der für den Bergbau in der Senne ausgemusterten sowjetischen Kriegsgefangenen bestimmt wurde". Damit wurde das Stalag VI A zu einem fast reinen „Russenlager". Ab September 1943 stieg die Zahl der Sowjets nochmals bis auf fast 100.000 im Herbst 1944.

Briten

Für britische Kriegsgefangene war das Lager nicht vorgesehen. Die in den Listen aufgeführten waren nur sehr kurze Zeit dort.

Süd-Ost-Gefangene

Unter diesem Begriff verbergen sich im wesentlichen Serben, die ab Juni 1941 bis September 1942 mit ca. 2.500 bis 3.000 Mann ein Zehntel der Lagerstärke bildeten. Im letzten Quartal 1942 wurden sie verlegt.

Italiener

Italienische Gefangene der Badoglio-Regierung wurden ab September 1943 als „Militärinternierte" in großer Zahl - zwischen 12.000 und 15.000 - im Stalag VI A festgehalten. Durch eine Kampagne zur Zivilschreibung nahm ihre Zahl im Sommer 1944 rapide ab.

Verschiedene Nationalitäten

Rumänien, anfangs mit Hitler-Deutschland verbündet, wechselte die Seite und erklärte dem Reich am 25. August 1944 den Krieg. Die Kriegsgefangenen stammten somit aus den pro-sowjetischen rumänischen Streitkräften. Zum 1. Dezember 1944 erschienen 12, am 1. Januar 1945 212 Rumänen, bei der Einnahme des Lagers im April zählten die Amerikaner 30 Rumänen.

Gesamtzahl der Kriegsgefangenen des Stalag VI A

Vom Stalag VI A wurden bis Mitte 1942 etwa 30.000, bis Sommer 1943 etwa 55.000 und ab Dezember 1943 bis zum Kriegsende über 100.000 Kriegsgefangene „verwaltet". Im Stammlager Hemer befanden sich zur Registrierung, Untersuchung, Entlausung oder wegen Krankheit 1941 zwischen 2.000 und 3.000 - eine Größenordnung, die den Baulichkeiten noch entsprach. 1943 dagegen waren zeitweise bis zu 10.000 Gefangene im Hemeraner Lager. Ab Frühjahr 1944 wurde diese Zahl überschritten. In den letzten Wochen vor der Kapitulation stieg die Zahl der Lagerinsassen auf 23.000, wobei die Zustände jetzt katastrophal waren.
Der Prozentsatz der im „Arbeitseinsatz" befindlichen Gefangenen schwankte von 1941 bis 1944 zwischen 78,2 und 96,3 % und pendelte in den Jahren 1943 und 1944, in denen das Stalag ein Russenlager war, um 90 %. Der Krankenstand wird vermutlich trotzdem über 10 % gelegen haben, da viele Gefangene vorzeitig wieder in den Arbeitseinsatz geschickt wurden und viele Kranke aus den Arbeitskommandos gar nicht mehr in das „Sterbelager" Hemer zurückgeschickt wurden.
Während der Zeit von September 1939 bis April 1945 haben weit über 200.000 Kriegsgefangene, darunter 160.000 sowjetische, bis zu ihrer Entlassung, Zivilschreibung, Verlegung, Tod oder Befreiung durch die Amerikaner dem Stammlager angehört - eine kaum vorstellbare Zahl. ------------------Tabelle